Dass ein gesamter Fachbereich für Wundmanagement existiert, wissen daher nur Wenige. Noch weniger bekannt ist, wie wichtig dieser Bereich für Querschnittsgelähmte ist. Für gesunde Menschen ist es selbstverständlich, die Position zu verändern, sobald eine Stelle zu schmerzen beginnt. Ich vergleiche die Situation von Paraplegikern oder Tetraplegikern oft mit einem Rasensprenger: Steht man mit einem Fuss drauf, kommt kein Wasser raus. Sobald man den Fuss anhebt, fliess es wieder. Querschnittsgelähmte merken nicht, wenn sie mit dem Fuss auf dem Schlauch stehen – ernstzunehmende Gewebedefekte vor allem im Gesässbereich sind die Folge.
Optimale Voraussetzungen für die Wundheilung schaffen
Wunden verheilen grundsätzlich von selbst – ich als Wundexperte sorge dafür, dass optimale Umstände vorherrschen, welche den Heilungsprozess positiv beeinflussen. Dazu gehört vor allem eines: Bettruhe. Als quasi wichtigstes Heilmittel hilft sie, die Druckstelle zu entlasten und den Heilungsprozess voranzutreiben. Für die betroffenen Personen bedeutet das, monatelang an das Bett gebunden zu sein. Viele unserer Patienten sind für das Thema Wundmanagement sensibilisiert und arbeiten gut mit uns Pflegenden zusammen. Nur so ist eine rasche Heilung möglich.
Wundentstehung: Eine Anekdote aus dem Alltag
Es gehört unter anderem zu meiner Aufgabe zusammen mit dem Arzt und den Chirurgie-Experten des Universitätsspitals Zürich (es besteht eine enge Zusammenarbeit mit dem USZ) herauszufinden, woher die Wunde stammt. Eine Wunde kann durch äussere Einwirkung entstehen, diverse Faktoren begünstigen aber auch wesentlich die Entstehung eine für querschnittgelähmte Menschen so typische Wunde im Gesässbereich. Zum Beispiel: zunehmendes Alter, Übergewicht und Mobilitätseingrenzungen wie Schulterprobleme. Die Diagnosestellung ist mitunter nicht ganz einfach, so war da beispielsweise ein zu Hause lebender querschnittsgelähmter Patient, der immer wieder mit neuen Wunden zu mir kam. Erst mit Hilfe einer Spitex-Mitarbeiterin gelang es mir, die Entstehungsursache zu evaluieren: Der Patient wandelte mehrmals in der Nacht zum Kühlschrank und zog sich bei unvorsichtigen Handhabungen des Deckenliftes die diversen Verletzungen zu.
Hinter jeder Wunde steht ein Mensch
Um bestmögliche Resultate zu erzielen und die Belastung für Patienten, Helfer und das Gesundheitssystem zu begrenzen, ist eine Zusammenarbeit aller beteiligter Personen und Institutionen erforderlich. Die Koordination zwischen Patienten und ihren Angehörigen, Ärzten und Pflegenden ist ein wichtiger Bestandteil meiner täglichen Arbeit. Es ist für mich wichtig, mich nicht nur auf die Wunde zu konzentrieren, sondern auch auf den Menschen dahinter. So interessiere ich mich auch für die individuellen Bedürfnisse des Patienten, seine Lebensgewohnheiten, seine Lebensgeschichte und Vor- und Begleiterkrankungen – nur so kann ein optimales und eigens auf den Patienten zugeschnittenes Therapiekonzept erstellt werden.